Sind es zwei, drei vielleicht sogar vier Liter, die ich jeden Tag an Flüssigkeit zu mir nehmen sollte? Es ist immer wieder erstaunlich, wie die Meinungen hierbei auseinander gehen. Und nach oben hin scheint es kaum Grenzen zu geben. Aber welche Menge ist denn nun die richtige? Und kann ich vielleicht nicht auch zu viel trinken?
Unser Körper besteht zum größten Teil aus Wasser. Bei jungen Frauen liegt der Wassergehalt des Körpers bei 50%, bei jungen Männern bei 60% und bei Leistungssportlern sogar teilweise bei 70% [1].
Schon in Ruhe wird bei einem Erwachsenen im Durchschnitt 6% des Körperwassergehaltes umgesetzt. Das sind bei einer Frau knapp 2,0l und bei einem Mann ca. 2,5l pro Tag [1]. Täglich wird also diese Wassermenge vom Körper abgegeben. Zu einem Großteil wird das Wasser über die Nieren (Urin) ausgeschieden, dessen Volumen hauptsächlich durch die Trinkmenge bestimmt wird. Aber auch der Wassergehalt im Stuhl, die Wasserabgabe über die Haut (Schweiß) und auch über die Lunge (Atmung) spielen keine unerhebliche Rolle. Und all das Wasser das ausgeschieden wird, muss demnach auch wieder nachgefüllt werden.
Wird der Wasserhaushalt nicht ausgeglichen, so kennen die meisten von uns die typischen Symptome: Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Schwindel, trockene Haut, dunkler Urin, Verstopfung… Aber wie viel muss ich denn trinken, damit es meinem Körper gut geht?
Ist der Energieumsatz bekannt, so kann die Gesamtwasserzufuhr durch die Faustregel 1ml/kcal berechnet werden [3]. So beträgt beispielweise der Bedarf an Wasser bei einer Person mit einem Energieumsatz von 2300kcal auch 2300ml pro Tag.
Doch wer kennt schon seinen wahren Energieumsatz? Es gibt noch weitere Angaben, an denen wir uns orientieren können. Nach den DACH-Referenzwerten sollten Erwachsene im Alter zwischen 19-50 Jahren 35ml/kg Körpergewicht pro Tag an Wasser durch Getränke und feste Nahrung zu sich nehmen, um den Wasserverlust des Körpers auszugleichen. Ab einem Alter von 51 Jahren reduziert sich der Bedarf auf 30ml/kg Körpergewicht pro Tag. Säuglinge, Kinder und Jugendliche haben bezogen auf ihr Körpergewicht noch einen viel höheren Bedarf an Flüssigkeiten [3].
Ein kleines Rechenbeispiel:
Lotta Alter: 30 Jahre Gewicht: 60kg |
Ralf Alter: 60 Jahre Gewicht: 85kg |
Wasserbedarf: 35×60= 2100ml pro Tag |
Wasserbedarf: 30×85= 2550ml pro Tag |
Nach der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. sollte jeder von uns rund 1,5l jeden Tag zu sich nehmen [2]. Aber Lotta benötigt für ihren Körper 2100ml und Ralf 2550ml pro Tag. Müssen die beiden dann nicht viel mehr trinken als 1,5l? Und muss nicht Ralf noch viel mehr Flüssigkeit zu sich nehmen als Lotta? Nicht unbedingt! Die Angabe mit rund 1,5l pro Tag ist so ziemlich auf jeden übertragbar, aber ist dennoch nur ein Richtwert. Denn beispielsweise schwitzen Männer in der Regel mehr als Frauen und verbrauchen so wiederum mehr Wasser. Aber auch das Wasser durch unsere tägliche Nahrungsaufnahme ist nicht zu unterschätzen. Und nicht nur durch den Wassergehalt der Nahrung an sich – durch die Verbrennung von Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen in unserem Körper entsteht sogenanntes Oxidationswasser, das ebenfalls zur Wasserzufuhr (wenn auch nur zu einem kleinen Teil) beiträgt [3]. Und da Ralf im Normalfall wiederum mehr Nahrung zu sich nimmt als Lotta, sollte er mit 1,5l Getränke und dem Wassergehalt durch die Nahrungszufuhr auch seinen Wasserbedarf an 2550ml decken können. Aber es kommt natürlich wiederum darauf an wie seine Ernährung aussieht, da der Wassergehalt ganz unterschiedlich ausfällt. Wer zum Beispiel viel Obst und Gemüse isst, nimmt mehr Flüssigkeit über die Nahrung auf als jemand, der vor allem Brot und Fleisch isst. Auch die Menge der Nahrungsaufnahme ist entscheidend. Denn je weniger gegessen wird, desto weniger Oxidationswasser fällt an und desto mehr sollte also getrunken werden [1].
Aber darf ich eigentlich jedes Getränk zu dem täglichen Richtwert von 1,5l dazuzählen? Oder zählt nur Wasser?
Es sollen stets kalorienfreie Getränke, sprich Wasser und ungesüßter Tee, täglich bevorzugt getrunken werden. Es spielt keine Rolle ob hierbei Leitungs-, Mineral-, Tafel-, Heilwasser oder Kräuter- und Früchtetee getrunken wird. Hingegen werden jegliche Getränke, die mit Zucker gesüßt wurden und auch alkoholische Getränke nicht empfohlen [2]. Aber warum?
Zuckergesüßte Getränke beinhalten zwar auch eine gewisse Menge an Wasser, jedoch liefern sie durch ihren Zuckergehalt meist unnötige und verhältnismäßig oft Unmengen an Kalorien und weniger Nährstoffe, die unser Körper jedoch gut gebrauchen könnte. Daher werden zuckergesüßte Getränke nicht zu den angegebenen 1,5l hinzugezählt. Dass Softdrinks und Limonaden viel Zucker beinhalten ist denke ich allen klar. Aber zum Beispiel auch Obstsäfte beinhalten eine beachtliche Menge an Zucker durch den natürlichen Gehalt des Fruchtzuckers. Dennoch darf eine selbstgemachte Saftschorle aus mind. 3 Teilen Wasser und 1 Teil Obstsaft auch ab und an zu den 1,5l gezählt werden, da der Kaloriengehalt sich bei diesem Verhältnis von Saft zu Wasser in Grenzen hält.
Tipp: Auch sogenanntes „aromatisiertes Wasser“ kann mit Zucker gesüßt worden sein [2]!
Und was, wenn ich kein Problem mit meinem Gewicht habe; darf ich dann trotzdem keine gezuckerten Getränke zu der Flüssigkeitszufuhr zählen? Genau! Denn nicht nur die Kalorien spielen hierbei eine Rolle. Durch den „flüssigen Zucker“ rauscht bei diesen Getränken dein Blutzuckerspiegel sehr schnell nach oben, wodurch schnell und viel Insulin ausgeschüttet wird. So fördern zuckerreiche Getränke nicht nur Übergewicht, sondern auch die Entstehung von Diabetes Typ 2. Zuckerreiche Getränke sollten somit auch bei Normalgewicht nicht täglich getrunken werden.
Wie sieht es aber mit den Getränken aus, die laut Angaben der Hersteller als „Light“ oder „Zero“ bezeichnet werden und keine Kalorien beinhalten? Ich tue mir sehr schwer diese Getränke zu den 1,5l mithinzuzuzählen bzw. sie generell gut zu heißen. Diese Getränke sind zwar kalorienfrei oder kalorienreduziert, jedoch enthalten sie jede Menge Lebensmittelzusatzstoffe (Süß-, Farb-, Aromastoffe) [2]. Schon oft wurde mir berichtet, dass durch den Konsum von zuckerfreien Getränken vermehrt Hungergefühle auftreten. Kurzum: durch die Süße des Getränks wird dem Körper vorgegaukelt, dass er Energie bekommt. Da jedoch die Kalorien nicht vorhanden sind, kommt ein Hungergefühl auf. Dieser Effekt ist zwar wissenschaftlich noch nicht bestätigt worden, ich persönlich finde ihn jedoch erschreckend und man sollte ihn ernst nehmen.
Doch koffeinhaltige Getränke wie ungezuckerter Kaffee oder Tee dürfen nach dem Stand der Wissenschaft heute wieder zur Flüssigkeitszufuhr hinzugezählt werden. Sie sind kalorienfrei und müssen nicht mehr, wie es lange hieß, mit einer extra Ration Wasser ausgeglichen werden. Jedoch würde ich koffeinhaltige Getränke tatsächlich auch individuell betrachten. Bin ich eine Person, die nach dem Trinken von Kaffee direkt mehrfach auf Toilette rennen muss? Oder spüre ich quasi keinerlei Effekt des Koffeins? Je nachdem würde ich es gegebenenfalls nur teilweise zur Flüssigkeitszufuhr hinzuzählen – aber das ist meine persönliche Meinung. Zusätzlich sollte beachtet werden, dass Milch kein Getränk ist und somit auch die Milch im Kaffee nicht zu den Getränken mitgezählt wird. Denn ähnlich wie beim Obstsaft ist in der Milch auch der natürliche Zucker in Form von Laktose vorhanden. Zusätzlich spielt auch der Fettgehalt der Milch eine Rolle wodurch ein Milchmischgetränk z.B. ein Cappuccino mit Zucker und viel Milch schnell zu einer kleinen Kalorienbombe werden kann. Also trinkst du ungesüßten Kaffee mit einem kleinen Schluck Milch (aber bitte keine Kaffeesahne oder Kondensmilch 😉 ) und bist gegen Koffein schon praktisch „immun“? So zähle den Kaffee ruhig 1:1 zu deiner Flüssigkeitszufuhr dazu!
Was hat jetzt noch gefehlt? Richtig, der Alkohol. Auch der Alkohol sollte keinesfalls zur Flüssigkeitszufuhr miteinberechnet werden. Genau genommen sollte eine Alkoholzufuhr sogar mit Flüssigkeit ausgeglichen werden, da Alkohol dem Körper Wasser entzieht. Zudem hat Alkohol jede Menge Kalorien und ist mit vielen gesundheitlichen Risiken verbunden (auf die ich in diesem Beitrag jedoch nicht eingehen möchte, da das Ganze sonst den Rahmen sprengen würde 😉 ).
Doch nicht nur beim Alkohol muss der Flüssigkeitshaushalt zusätzlich ausgeglichen werden. Bei Hitze und auch bei trockener Luft verbrauchen wir mehr Wasser und es entsteht ein erhöhter Bedarf an Flüssigkeit. Aber auch wenn reichlich Kochsalz oder auch viel Eiweiß zu sich genommen wird, bekommt der Körper ein vermehrtes Verlangen nach Flüssigkeit. Nicht zu vergessen sind Durchfälle, Fieber, Erbrechen etc., da verlieren wir sehr viel Flüssigkeit und sollten diese Verluste immer versuchen direkt wieder auszugleichen. Und natürlich auch beim Sport haben wir einen erhöhten Bedarf an Wasser. Durch körperliche Aktivität wird viel Energie umgesetzt und somit auch viel Flüssigkeit verbraucht [3].
Aber Vorsicht, man kann auch zu viel trinken!
Gerade beim Sport neigen viele dazu, zu viel zu trinken, da sie Angst haben zu dehydrieren. Wenn jedoch zu viel Wasser getrunken wird, wird der Natriumgehalt im Blut stark verdünnt, was über Lungen- und Hirnödeme mit Krampfanfall bis zum Tode führen kann [4]. Um also eine „Untersalzung“ zu vermeiden wird empfohlen sich beim Sport am Durstgefühl zu orientieren und nicht darüber hinaus zu trinken. Hier gilt also eher: weniger ist mehr!
Also übertreibt es nicht mit dem Trinken, aber orientiert euch gerne an den 1,5l ungesüßter Getränke pro Tag, achtet auf euer Durstgefühl und ihr seid auf einem guten Weg!
[1] Schek, A. (2013): Ernährung im Top-Sport.Wiesbaden: Umschau Zeitschriftenverlag.
[4] Noakes, T. D. (2003): Overconsumption of fluids by athletes. Advise to overdrink may cause fatal hyponatraemic encephalopathy. BMJ, 327, 113.
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